Als hätte jemand auf Pause gedrückt. Die Corona-Krise hat uns aus unserem Alltag gerissen. Plötzlich sind wir auf uns selber zurückgeworfen und es gibt kaum Möglichkeiten zum Ablenken. Dafür viel Zeit in den eigenen vier Wänden, die nicht nur bisher ungekannte Erfahrungen bringt und zum Reflektieren einlädt, sondern auch eine unverhoffte Möglichkeit: diese Krise als Chance zu nutzen.
Was mich beruhigt? Der Blick aus dem Fenster und die Feststellung, dass die Natur ungerührt ihrem natürlichen Rhythmus folgt.
Ich glaube keine Krise kommt ohne Grund. Und wenn wir genau hingucken, dann besteht das Leben aus einem gleichmäßigen Wechsel zwischen guten Zeiten sowie kleinen und großen Krisen. Die guten Zeiten sind dazu da, dass wir Kraft sammeln und uns erholen. Die schwierigen Phasen fordern uns heraus, damit wir über uns hinauswachsen und uns weiterentwickeln. Sobald wir das erkennen und akzeptieren können, verliert eine Krise ihren Schrecken. Sie wird zu einer einmaligen Chance und wir erwachen ganz automatisch aus unserer Schockstarre und werden wieder handlungsfähig. Und je mehr wir uns auf das stetige Auf und Ab einlassen, desto größer wird unser Vertrauen – in uns und in die Welt, in der wir leben.
Was ist jetzt wichtig? Wie kommen wir gut durch diese Zeit?
Die Nachrichten sind voll von erschreckenden Meldungen aus der ganzen Welt. Das macht Angst und führt zu Überforderung. Trotzdem ist (eine Fakten-basierte) Berichterstattung wichtig, damit wir nicht die Augen vor der Realität verschließen und lernen, einen guten Umgang mit unserer Angst zu finden. Selbstfürsorge steht dabei an erster Stelle. Je besser wir mit unserer EigenArt in Kontakt sind, desto besser können wir für uns sorgen. Denn nur dann sind wir in der Lage, gute Entscheidungen zu treffen, uns gegenseitig zu unterstützen und um andere zu kümmern. Was dabei hilft ist eine persönliche „Standortanalyse“, z.B. mithilfe der folgenden Fragen:
Wie geht es mir im Moment (körperlich und mental)?
Welche Lebensbereiche und -wünsche sind von der Krise bedroht? Was bereitet mir Sorge?
Welche Werte sind mir wichtig? Was treibt mich an und motiviert mich?
Was hat mir bisher durch Krisen geholfen? Auf welche Ressourcen kann ich zurückgreifen? Worauf kann ich mich verlassen?
Mit welchen Dingen und Themen beschäftige ich mich besonders gerne? Welche davon geben mir Energie und Kraft?
Welche Kompetenzen und Fähigkeiten habe ich, mit denen ich andere unterstützen kann?
Und wie können wir diese Krise am Ende für etwas Positives nutzen?
Ich habe mich lange gefragt, ob es in Ordnung ist, in schwierigen Zeiten gute Dinge zu bemerken und darüber zu sprechen. Darf ich Vorteile an einer Situation sehen, während andere um ihre Existenz kämpfen? Und die Antwort ist definitiv: Ja! Denn die guten Momente und Gegebenheiten in einer schwierigen Zeit spiegeln das Potential und die Chancen wider, die uns die Krise bietet. Ohne sie wären sie (vermutlich) niemals sichtbar geworden. Und ich glaube, es ist unsere Aufgabe, aus einer Krise zu lernen und ihre Potentiale zu nutzen.
Die Herausforderung dabei: Angst verengt unseren Fokus und sorgt dafür, dass wir uns auf die Schwierigkeiten konzentrieren und das Gute gar nicht oder nur am Rande wahrnehmen. Deshalb lohnt es sich, dass wir uns bewusst auf die positiven Dinge und Momente konzentrieren. Egal wie klein oder groß sie sein mögen. Es gibt schon jetzt einige globale, regionale und persönliche Beispiele:
- Klare Luft in Norditalien und China
- Reduzierte CO2-Werte
- Delfine vor Sardinien
- In vielen Unternehmen: Kultur- und Digitaler Wandel im Blitzverfahren
- Mehr Kreativität und Konzentration auf Lösungen
- Mehr Zeit mit Familie und/oder Partner
- Mehr Solidarität und Gemeinschaft
- Weniger Hektik, mehr Ruhe
- Mehr Zeit in der Natur
Um uns dann (zu einem späteren Zeitpunkt) mit den folgenden Fragen auseinanderzusetzen:
Welche positiven Erfahrungen konnten wir sammeln? Was haben wir gelernt? Was wollen wir erhalten? Was brauchen wir nicht mehr? Wie werden wir unseren Mitmenschen begegnen? Wie wollen wir zukünftig leben?
Und versuchen, unsere Erkenntnisse umzusetzen und zum Leben zu erwecken –
für uns persönlich, unsere Familie und Freunde, unser Viertel, unser Land, unsere Welt.
Positive Effekte von Corona auf die Umwelt zum Nachlesen unter National Geographic